Blume Salomonen

Weihnachten auf den Salomonen

Ein anderes Weihnachten

Dezember 2017 – als kleine dreiköpfige Familie verbringen wir das erste Mal Weihnachten über 14000 km entfernt von Deutschland, in einem Dorf, von dem kaum jemand ahnt, dass es überhaupt existiert: Maravovo. Einfache Hütten, in der Mitte des Dorfes eine Kirche und ein erhöhtes Podest für Veranstaltungen. Schweine, Hunde und Hühner laufen frei herum. Frauen und Männer sitzen in kleinen Gruppen zusammen und kauen Betelnuss. Kinder springen barfuß herum.

Wir leben seit zwei Monaten hier, zwei Autostunden entfernt von der Hauptstadt Honiara, auf der Insel Guadalcanal auf den Salomonen. Unser Haus ist einfach, kaum vergleichbar mit etwas, das man aus Deutschland kennt. Trotzdem haben wir mehr Luxus als jeder andere hier in Maravovo: Wir schlafen in Betten statt auf dem Boden, haben Lebensmittelvorräte aus der Stadt mitgebracht, einen Zweiplatten-Gasherd und einen kleinen Backofen. Wir haben sogar eine Spüle im Haus eingebaut und eine Leitung von einem Tank hinterm Haus in die Küche gelegt. Wenn wir anfangen zu essen, stellen wir das Wasser an, das langsam tropfend aus dem Hahn kommt. Dann stehen die Chancen gut, dass nach dem Essen genug Wasser im Spülbecken ist, um abzuwaschen. Sogar eine Toilette haben wir neben dem Haus gebaut – die einzige im ganzen Dorf.

Unser Haus im Dorf

Unser Haus im Dorf

Dorfleben in Bewegung

Einige Wochen vor Weihnachten treffen sich sonntags nach dem Gottesdienst die Dorfbewohner vor unserem Haus, bei dem erhöhten Podest. Die Diskussionen finden in der Sprache statt, die die Menschen hier in Maravovo sprechen – Dii. Für uns übersetzt freundlicherweise jemand ins Pijin, was wir inzwischen gut gelernt haben.

Es geht um die bevorstehenden Sportwettbewerbe, die an Weihnachten stattfinden. Wie kann man das Turnier so gestalten, dass es gerecht zugeht? In vergangenen Jahren gab es da wohl Konflikte. Dieses Mal soll es besser werden. Nach mehreren Sonntagen mit Diskussion und Planung werden feste Regeln aufgestellt, an die sich alle halten sollen.

Weihnachten mitten im Sommer

Weihnachten fällt auf den Salomonen in die großen Sommerferien, da wir auf der Südhalbkugel leben. Anfang Dezember endet das Schuljahr, und das neue beginnt erst im Februar. Deshalb reisen viele Salomoner, die in der Hauptstadt leben oder irgendwo im Land zur Schule gehen, in ihre Heimatdörfer. Die Zahl der Menschen, die sich Weihnachten im Dorf aufhalten, kann durchaus doppelt so groß sein wie im Rest des Jahres. So auch in Maravovo.

Weihnachten ist ein Fest, das man auf den Salomonen als ganze Gemeinschaft feiert. Keine Familie feiert nur für sich. Man feiert als Dorfgemeinschaft, als Kirchengemeinde, als Großverwandtschaft. Und so sehr wir diese Gemeinschaft lieben und uns gerne an dem beteiligen, was im Dorf los ist – irgendwie vermissen wir auch ein bisschen das Weihnachten, wie wir es aus Deutschland kennen: gemütlich, mit Weihnachtsliedern und Besinnlichkeit, statt Lautstärke und Trubel.

Strassenszene Salomonen

Ein vertrauter Heiligabend

Und so ist es dann irgendwie ganz schön, dass der 24. Dezember auf den Salomonen noch kein Tag der Weihnachtsfeierlichkeiten ist. Am Heiligen Abend feiern wir also in unserem kleinen Haus in Maravovo so, wie uns Weihnachten vertraut ist. Wir singen gemeinsam deutsche Weihnachtslieder, erleuchten unsere batteriebetriebenen Teelichter und die Lichterkette, lesen gemeinsam die Weihnachtsgeschichte auf Deutsch und überreichen unserem zweijährigen Sohn seine Weihnachtsgeschenke – auch die, die Oma und Opa aus Deutschland geschickt haben. Und es gibt sogar ein Weihnachtsessen, das nichts mit salomonischem Essen zu tun hat: ein Hähnchen, das wir morgens selber geschlachtet haben, Rotkohl, den wir aus der Stadt mitgebracht und inbrünstig darum gebetet haben, dass er nicht schimmelt, bevor wir ihn kochen wollen, und Klöße. Das Päckchen bayrisches Kloßpulver haben uns Kollegen von Aldi aus den USA mitgebracht. Mit 30 Grad und 90 % Luftfeuchtigkeit ist das Klima zwar sehr anders, als wir es gewohnt sind, aber bei Maria und Joseph in Bethlehem gab es wohl auch kaum weiße Weihnachten.

Eine Nacht voller Lieder

Am späten Abend des 24. Dezember beginnen die Dorfbewohner sich in der Kirche zu sammeln. Denn traditionell singt man die ganze Nacht vor Weihnachten hindurch Weihnachtslieder, bis früh am Morgen. Ich halte nicht lange durch, die Müdigkeit übermannt mich, aber da unser Haus direkt neben der Kirche ist, hören wir die ganze Nacht, wie gesungen wird. Jesus ist geboren, in der Nacht von Bethlehem. Was gibt es Besseres an Weihnachten, als diese Botschaft! Gott wird Mensch – in Jesus begegnet uns Gott und kommt uns ganz nah.

Am 25. Dezember gibt es wieder einen Gottesdienst. Denn das ist doch Weihnachten: Gott zu feiern, ihn zu loben und anzubeten. Vom Weihnachtsmann und von Geschenken, die in Deutschland oft im Mittelpunkt stehen, sieht man hier in Maravovo nichts. An Weihnachten wird Jesu Geburt gefeiert. Nach dem Gottesdienst kommt das ganze Dorf zusammen. Alle essen zusammen und haben Gemeinschaft miteinander. Niemand ist allein.

Kochen auf Banananblättern

Sport, Spaß und ein besonderes Kompliment

Am 26. Dezember geht es dann morgens ganz früh los – die Sportwettbewerbe starten. Ganz am Anfang der Wettlauf, in der „Kühle“ des Morgens. Uns wird am Abend zuvor noch gesagt, dass es um 7 Uhr losgeht. Wir denken: „Ja, 7 Uhr salomonische Zeit – das könnte also alles sein zwischen 8 und 10 Uhr.“ Aber diesmal haben wir uns geirrt: 7 Uhr heißt diesmal tatsächlich sogar 6 Uhr. Da liegen wir noch im Bett und rechnen überhaupt nicht damit, dass schon irgendetwas losgeht.

Die nächsten Tage sind geprägt von Fußball, Wettbewerben im Schälen von Kokosnüssen oder Spalten von Feuerholz, Tauziehen und vielem mehr. Es ist eine tolle Atmosphäre und wir sind reich beschenkt durch die Dorfgemeinschaft, von der wir ein Teil sein dürfen. Am Ende dieser Sporttage sagt uns jemand: „Das ist das erste Mal, dass diese Spiele ohne Gewalt und Alkoholeskapaden stattgefunden haben und das liegt daran, dass ihr dabei wart.“

Fussball Ozeanien
Der Weihnachtsmann kommt

Und der Weihnachtsmann?

Der Weihnachtsmann kam in Maravovo übrigens auch noch. Allerdings nicht an Weihnachten, sondern an Silvester. Da brachte er auch den Kindern ihre Geschenke mit. An Weihnachten aber – und das ist mir ein großes Vorbild geworden – ging es um den, um den es gehen soll: um Jesus.

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Autorin

Friederike Leuschner lebte insgesamt 5 Jahre auf den Salomonen. Mittlerweile lebt die inzwischen sechsköpfige Familie wieder in Deutschland.
Familie Leuschner