„Endlich ein Vers ohne Schwierigkeiten!“, dachten wir, als wir beim Bibeltext in Markus 2,9 ankamen: „Steh auf, nimm dein Bett und geh nach Hause!“ Das klang zunächst ganz einfach. Für „Bett“ wählten wir spontan das Wort ode, denn so nennen die Ebira in Nigeria ihre Schlafstätte.
Doch dann sahen wir zum ersten Mal ein ode: eine erhöhte Fläche aus gestampftem Lehm – fest mit dem Boden verbunden und viel zu schwer, um sie zu tragen. Schnell war klar: So kann Jesus das nicht gemeint haben. Es ging ja nicht um ein festes Fundament, sondern um etwas Tragbares.
Unser nächster Versuch: iveedi, ein Begriff für moderne Metallbetten. Doch bei der Prüfung fragten sich unsere Zuhörer: „Gab es solche Betten damals schon?“ Iveedi war also zu modern – und zu speziell. Auch keine Lösung.
Also typisch afrikanisch: uvene – die Matte. Wir formulierten: „Rolle deine Matte zusammen und geh nach Hause.“ Problem gelöst? Leider nein. Ein Hörer wunderte sich: „Dass die Matte beim Tragen nicht zerriss – das ist doch auch ein Wunder!“ Die Matte war schlicht zu schwach, um einen Kranken zu tragen. Der Fokus verschob sich: Weg von der Heilung, hin zur Stabilität der Matte. Auch das konnte nicht Jesu Aussage gewesen sein.
Die Lösung kam – wie so oft – später: odooro, eine improvisierte Tragbahre aus Stoffresten und zwei Holzstangen. Genau das, was man gebraucht hätte, um einen Kranken durchs Dach zu lassen. Wir atmeten auf: „Rolle deine Tragbahre zusammen und geh nach Hause.“
Aber wieder kam eine Rückfrage: „Warum soll er das Ding mitnehmen? Die Lumpen kann man doch einfach wegwerfen.“ Also überarbeiteten wir den Text noch ein letztes Mal.
Heute sagt Jesus in der Ebira-Übersetzung schlicht: „Steh auf, nimm deine Tragbahre, und geh nach Hause.“ Ohne unnötige Nebenschauplätze, ohne Missverständnisse – so wie es im Griechischen gemeint war. Und damit verstehen die Ebira heute das, was auch die ersten Hörer des Evangeliums verstanden.
Quelle
Entnommen aus „Durch den Horizont sehen“ (2011; Wycliff e. V.) von Susanne Riderer und Andreas Holzhausen.