Damit die Sprache nicht verloren geht
Das Saliba-Englisch-Wörterbuch entsteht
Papua-Neuguinea 2025
Schon vor über zehn Jahren haben die Saliba den Wunsch nach einem Wörterbuch geäußert – und dieser Wunsch ist bis heute lebendig. Selbst bei der feierlichen Übergabe des Neuen Testaments in ihrer Sprache wurde noch einmal ausdrücklich nachgefragt: „Kommt das Wörterbuch noch?“
Der Grund ist klar: Die Saliba wollen ihre Sprache bewahren. Denn spätestens ab der dritten Klasse wird in den Schulen nur noch Englisch unterrichtet – und viele Jugendliche verlassen das Sprachgebiet, um weiterführende Schulen zu besuchen. Ein Wörterbuch hilft dabei, die eigenen Sprachkenntnisse wieder aufzufrischen und weiterzugeben. Es ist ein praktischer Beitrag zum Spracherhalt – und ein Herzensanliegen vieler Saliba.
20.000 Wörter – und wir sind noch lange nicht fertig
Im Juni 2023 fand ein großer Wort-Sammel-Workshop mit Saliba-Sprechern statt. Rund 20.000 Ausdrücke wurden gesammelt! Davon konnten bisher etwa 7.000 Einträge in die digitale Datenbank aufgenommen werden – und es sind noch einige Listen offen.
Die Saliba-Sprache ist spannend und voller Besonderheiten. Viele Begriffe bestehen aus Nominalphrasen (also mehreren Wörtern) – oder übernehmen Lehnwörter aus dem Englischen, vor allem für moderne Dinge.
Lockenkopf
kulu „Kopf, Haar“ + gelogelolo „gelockt“
Ergebnis:
kulu gelogelolona „gelocktes Haar“
Zahnbürste
1. sada „Betelnut“ + kiki „Faserhülle“
2. balasi „Bürste“, Lehnwort von Englisch brush.
Ergebnis:
sada kikidi „Faserhülle der Betelnuss, die zum Zähneputzen verwendet wird“

Betelnuss
Besonders interessant sind die zusammengesetzten Verben, bei denen sich die Bedeutung oft nicht einfach aus den Einzelteilen erschließen lässt.
Hauptverb
boli „schneiden“
Zweites Verb
–utusi „brechen“
–gabai „wegwerfen“
–yawasi „ruhen“
–igali „spalten“
Ergebnis
boliꞋutusi „abschneiden“
boligabai „wegschneiden“
boliyawasi „gleichschneiden“
boliꞋigali „der Länge nach schneiden“
Hauptverb
kalatei „vorübergehend
niederhalten“
Zweites Verb
kabi– „halten“
tuli– „sitzen“
tutu– „nageln“
Ergebnis
kabikalatei „niederhalten“
tulikalatei „draufsitzen, um etwas festzuhalten“
tutukalatei „vorübergehend annageln“
Hauptverb
hedede „sagen, sprechen,
reden“
Zweites Verb
dobi „hinuntergehen“
sae „hinaufgehen“
Ergebnis
hedededobidobiyei „verächtlich über jemanden reden“
hededesaesae „stolz reden, angeben“
Der nächste Schritt: Feinschliff mit Muttersprachlern
Der nächste Schritt: Gemeinsam mit Saliba-Sprechern wird die gesamte Datenbank korrigiert, ergänzt und für den Druck vorbereitet. Es muss geklärt werden, welche Begriffe ins finale Wörterbuch gehören, welche Schreibweisen korrekt sind – und welche Wörter vielleicht noch fehlen.
Mit dieser Arbeit haben meine Saliba-Mitarbeiter und ich im Mai begonnen. In sieben Wochen haben wir 4300 Einträge geprüft. Es wird wohl nochmal sieben Wochen brauchen, um die restlichen Einträge zu schaffen. Die Arbeit ist noch aufwendiger als erwartet – aber sehr interessant und lohnend! Ziel ist es, das Wörterbuch bis Ende nächsten Jahres fertigzustellen.
Wie ein Kollege einmal sagte:
„Ein Wörterbuch zu erstellen ist so viel Arbeit, wie die ganze Grammatik einer Sprache zu beschreiben.“
