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„Bis ich im Jahr 2008 ein Auslandssemester in Spanien machte, wusste ich nur wenig über Gebärdensprachen. Erst dort kam ich in Kontakt mit einer der spanischen Gebärdensprachen (die LSE – Lenga de signos española). Zum ersten Mal wurde mir klar, dass es weltweit viele verschiedene Gebärdensprachen mit eigenen Grammatiksystemen gibt. Ich war fasziniert!
Während meines Studiums hatte ich bereits angefangen, mehrere neue Sprachen zu lernen. Dabei war es nicht mein Ziel, alle fließend zu beherrschen. Vielmehr fand ich es spannend zu sehen, wie einzigartig jede Sprache ist und welche unterschiedlichen Möglichkeiten es gibt, Dinge auszudrücken. Die Gebärdensprachen eröffneten mir dabei noch einmal ganz neue Horizonte. Es begeisterte mich zu erleben, wie man sich ohne gesprochene Worte ausdrücken kann und dabei ebenso komplexe Themen behandelt werden wie in jeder anderen Sprache.
Ein grundlegender Aspekt der Gebärdensprachen – den ich trainieren musste – ist die visuelle Wahrnehmung. Das räumliche Denken spielt eine sehr wichtige Rolle beim Gebärden. Außerdem werden nicht nur Arme und Hände benutzt, sondern auch Oberkörper und Kopf. Dabei ist der Gesichtsausdruck besonders wichtig. Anfangs hatte ich das Gefühl, die wildesten Grimassen zu schneiden, trotzdem beschwerte sich meine gehörlose Dozentin über das ausdruckslose Gesicht. Auch heute noch finde ich den passenden Gesichtsausdruck zur Gebärde nicht immer auf Anhieb.
Was mich immer wieder herausfordert, sind die regionalen Unterschiede. Häufig suche ich im Internet, wenn ich eine Gebärde vergessen habe. Dabei stoße ich allerdings öfters auf die unterschiedlichsten Varianten. Beispielsweise unterscheiden sich in der deutschen Gebärdensprache die einzelnen Wochentage in verschiedenen Teilen Deutschlands. Zum Glück gibt es für solche Fälle noch das Fingeralphabet – damit kann ich im Notfall das fehlende Wort buchstabieren.“

Andrea H. plant die 1-jährige Ausbildung zur Gebärdensprachenarbeit demnächst zu beginnen. Gerne möchte sie dazu beitragen, dass auch gehörlose Menschen Gottes Wort in ihrer Muttersprache sehen und lesen können.